In diesem Beitrag geht es um das Thema des Positionsmanagement. Wann soll man einsteigen, wann nachkaufen oder verkaufen? Soll man Käufe in mehrere Tranchen splitten, oder besser doch alles auf einen Streich investieren? Um diese und weitere Fragen kümmern wir uns in diesem Beitrag. Schließlich handelt es sich beim Positionsmanagement um eine der Schlüsselkomponenten einer erfolgreichen Anlegerkarriere.
Hier geht es zu Teil 1 und Teil 2
Um es gleich vorweg zu nehmen. Es gibt kein Patentrezept, das für jeden Anlegertyp passt. Es hängt auch viel von der Strapazierfähigkeit des individuellen Nervenkostüms ab. Insofern sollten die besprochenen Taktiken in diesem Beitrag nicht als unumstößliche Wahrheit, sondern vielmehr als Impulsgeber für die Weiterentwicklung der eigenen Strategie verstanden werden.
Die Positionsgröße
Wie definieren wir überhaupt, wie groß eine Position sein soll/darf? Wenn wir es uns einfach machen, entscheiden wir uns einfach dafür, in jedem einzelnen Titel mit – sagen wir einmal – 5.000 Euro zu investieren. Hier muss man sich aber die Frage stellen, wo diese Summe denn eigentlich herkommt?
Wurde sie handwerklich korrekt aus dem Gesamtvermögen, der maximal aushaltbaren Schwankungsbreite des Anlagedepots und der maximal möglichen Anlagedauer ermittelt? Oder handelt es sich bei der Definition dieser Summe viel mehr um eine schlichte Bauchentscheidung? Ist zweiteres der Fall, muss man seine Hausaufgaben machen. Hier und hier erhalten Sie Orientierungshilfe für diesen Punkt.
Nehmen wir nun also an, dass wir die ideale maximale Investitionssumme handwerklich korrekt hergeleitet haben, eine aussichtsreiche Aktie gefunden haben und bereit zum Einstieg sind. Wie greifen wir zu? Alles auf einen Streich? Oder besser über mehrere Tranchen verteilt? Und wenn ja, definieren wir die Einstiege in konkreten zeitlichen Intervallen oder bei bestimmten Kursentwicklungen?
All-In oder sukzessive Einstiege?
Die Devise ‚All-In‘ legen wir schon mal gleich ad acta. Dies wäre einzig und allein nur dann sinnvoll, wenn wir mit einer hohen Gewissheit davon ausgehen könnten, dass die Aktie ab unserem Kauf nur mehr steigen wird. Und wer hat diese Gewissheit? Richtig, niemand. Diese Erkenntnis sollten Sie sich auch immer dann in Erinnerung rufen, wenn sie allein nur deshalb unzufrieden sind, weil Sie sich zwar einen Top-Performer ins Depot, aber eben nur mit einer kleinen Position, gekauft haben. ‚Hätte ich gleich die doppelte Stückzahl geordert, dann säße ich jetzt auf einem richtig fetten Gewinn‘. Dieser Gedanke ist wohl einem jeden Anleger mindestens einmal ins Hirn geschossen, nützt aber nichts, da schlichtweg niemand eine Kristallkugel sein Eigen nennt. Im Vorhinein kann man eben nie wissen, ob der nächste Kauf aufgehen wird oder nicht.
Persönlich bin ich ein großer Freund von Trancheneinstiegen. Wie man definiert, wann die Folgeeinstiege platziert werden, hängt hier wieder von den persönlichen Präferenzen ab. Wer in einen weltweiten Aktienindex – ob Fonds oder ETF spielt hier keine Rolle – investieren möchte, kann dies auch bedenkenlos mit fixen periodischen Zuzahlungen machen. Da mithilfe der breiten Streuung das individuelle Risiko einzelner Titel minimiert wird, umgeht bzw. reduziert man mit einem global diversifizierten Aktienkorb auch das Timing-Problem.
Schlechtem Geld nicht noch Gutes hinterherwerfen
Bei Einzeltitel würde ich von fixen periodischen Zuzahlungen absehen, da hier das individuelle Risiko pro Unternehmen voll einschlagen kann. Wenn man das Pech hat und eine Niete erwischt, sollte man nicht stur Monat für Monat neues Geld nachschießen, auch wenn man noch so überzeugt vom Unternehmen ist. Ob es sich um eine Niete handelt, weiß man meist ohnehin erst hinterher bzw. erst wenn der finanzielle Schaden bereits angerichtet ist.
Aktiensparpläne – nette Idee mit Makeln
Dem diametral gegenüber stehen natürlich die in den letzten Jahren beliebt gewordenen Aktiensparpläne. Eine nette Idee, allerdings muss man hier bedenken, dass man zur Risikodiversifikation Aktiensparpläne ohnehin auf mehrere Aktien (aus verschiedenen Branchen und Währungsräumen) führen sollte. Denn bei keinem Unternehmen kann man sich sicher sein, ob dieses auch in zehn, zwanzig oder vierzig Jahren immer noch erfolgreich sein wird. Über Jahrzehnte galten schließlich auch Großbanken als unsinkbare Schiffe, die sicher nie pleitegehen könnten – bis Lehman Brothers…
Diesem Gedanken folgend stellt sich die Frage, ob hier letztendlich ein Sparplan auf einen ETF auf den MSCI World oder ACWI aus Kosten- aber auch Übersichtlichkeitsgründen nicht zum Schluss die bessere Wahl als ein Aktiensparplan wäre.
Nachkäufe: Chart-Signale
Was Einzeltitel angeht, sollten Trancheneinstiege also nicht auf der zeitlichen Schiene geplant werden, sondern anhand bestimmter Parameter definiert werden. Eine Möglichkeit wären Nachkäufe bei bestimmten charttechnischen Mustern, sogenannten ‚Pattern‘ oder technischen Signalen. Ein Beispiel wären korrektive Rücksetzer an gleitende Durchschnitte, die man für Nachkäufe nutzt. Besonders trendstarke Unternehmen spielen beispielsweise sehr gerne mit der 50- oder 100-Tage-Linie. Eine weitere Nachschussmöglichkeit wären Konsolidierungen auf hohem Niveau, bei denen man bei dynamischen und volumengetragenen Ausbrüchen auf neue Allzeithochs zugreift. Fibonacci-Retracements wie Rückläufe von Tops auf das 38er oder 50er Retracement wären eine weitere Option.
Quelle: guidants.com
Im Musterdepot von CASHKURS*TRENDS haben wir das Trendmonster Intuitive Surgical im März 2021 bei einem Rücklauf auf die 200-Tage-Linie zu Kursen von 694 Dollar nachgekauft. Wer diesen Einstieg verpasst hätte, hätte einige Wochen später im Zuge der Quartalszahlen (satter Anstieg und hohem Handelsvolumen) eine zweite Chance erhalten.
Nachkäufe: Temporäre Kursschwächen
Eine weitere Möglichkeit für Anleger, die mit Charttechnik nicht viel am Hut haben, wäre ein Nachkauf, wenn es zu größeren, prozentual doppelstelligen Korrekturen kommt. Da man aber nie wissen kann, ob es sich lediglich um eine kurze Korrektur handelt, oder die betreffende Aktie eine längere Durststrecke einleitet, machen Nachkäufe bei allgemeinen Marktkorrekturen Sinn. Diese weisen eine höhere Erfolgswahrscheinlichkeit auf, da in einer allgemeinen Korrektur meist alle Branchen abgestraft werden, auch solche, bei denen ein Abverkauf eigentlich gar nicht gerechtfertigt wäre.
So sollte man Marktkorrekturen also stets dankend annehmen und bei seinen Wunschwerten herzhaft zugreifen – zumindest, wenn man davon ausgehen kann, dass die übergeordnete Story auch nach Beendigung eines Krisenszenarios wieder funktionieren wird. Erfahrungsgemäß steigert man seine Erfolgsquote zusätzlich, wenn man sich hier auf Qualitätsunternehmen mit hohen Margen, stabilen und steigenden Gewinnen und starken Bilanzen fokussiert. Diese korrigieren oft zwar nicht so stark wie ihre fundamental schwachen Pendants, markieren dafür in der Regel aber wieder wesentlich schneller neue Allzeithochs.
Kauft man hingegen Titel nach, die gerade eine individuelle Schwäche erleben (bzw. die gesamte Branche), muss man vor dem Kauf/Nachkauf schon etwas genauer prüfen und sich folgende Fragen stellen: Warum leidet die Aktie/Branche gerade an einer Schwäche? Aufgrund hausgemachter Probleme oder externen Faktoren? Lassen sich die Probleme aus eigener Kraft lösen oder sind sie nur von temporärer Natur?
Volle Position und Aktie stürzt ab – was nun?
Final müssen wir auch klären, wie wir reagieren, wenn wir in eine Position bereits voll hineinskaliert haben, der Kurs aber gegen uns läuft. Im Buch ‚Trade Like A Stock Market Wizard‘ von Mark Minervini gibt es dazu ein schönes plakatives Beispiel, das leicht abgewandelt folgendermaßen lautet:
So verfährt der Profi:
- fünf Prozent vom Depot soll maximal investiert werden
- Erste Tranche mit zwei Prozent
- Zweite Tranche mit zwei Prozent bei Erfolgslauf der Aktie und anschließender bullischen Konsolidierung auf hohem Niveau
- Einstieg mit restlichem Kapital bei weiterem Lauf der Aktie und erneuter Konsolidierung auf hohem Niveau
So verfährt der Amateur:
- fünf Prozent vom Depot soll maximal investiert werden und wird auf einen Schlag eingesetzt
- Position läuft gegen Anleger. Anleger investiert weitere fünf Prozent
- Position läuft weiter gegen Anleger. Anleger investiert nochmal zehn Prozent
Hier können wir Schluss machen. Sie wissen, worauf das Ganze hinausläuft. So lange man von einem Unternehmen überzeugt ist, kann man natürlich weitere Nachkäufe tätigen, auch wenn der Kurs weiter nachgibt. Allerdings stets mit Blick auf die maximale Positionsgröße. Zweckoptimismus bringt hier niemandem etwas und sorgt im schlimmsten Fall dafür, dass man das gesamte Depot wegen einer einzigen, durch zu häufige Nachkäufe viel zu hoch gewichteten Position an die Wand fährt.
Wenn man bereits in einen Titel voll investiert ist und die Aktie weiter nachgibt, muss man sich zudem auch die Frage stellen, ob man die Aktie auch zum jetzigen Zeitpunkt wieder kaufen würde. Lautet die Antwort ‚Nein‘, dann sollte die Aktie auch sofort aus dem Depot geschmissen, der Mund abgewischt und nach einem besseren Titel Ausschau gehalten werden.
Der erste Verlust ist der beste Verlust
Wenn die Antwort hingegen ‚Ja‘ lautet, heißt es Zähne zusammenbeißen und durchhalten, zumindest wenn es nach der Schule von Value-Investoren a la Warren Buffett oder James Montieur geht. Trendfolger wie Minervini oder Bill O’Neill können dem ‚Buy-and-Hold‘-Prinzip indes gar nichts abgewinnen und fordern in ihren Büchern, Verluste konsequent zu verringern. Beide sprechen in der Regel von einem maximalen tolerierbaren Verlust von fünf bis acht Prozent. Verliert eine Aktie mehr, dann wird der Titel rausgeschmissen und auf die nächste Gelegenheit gewartet. So radikal muss man es natürlich nicht nehmen. Allerdings, wenn eine Aktie – ohne generelle Marktkorrektur – mehr als 40 Prozent vom Top verliert, sollte man tatsächlich darüber nachdenken, die Position abzustoßen. Eine derart starke Korrektur hat meistens einen guten Grund. Und eine Erholung nimmt ohnehin stets wesentlich mehr Zeit in Anspruch, als der vorhergehende Absturz. Neben Performance kostet das auch Anlegernerven. Sicher, ein 35-Prozent-Verlust schmerzt. Wie stark würde aber ein Verlust von 50, 60 oder 80 Prozent schmerzen?
„Was heißt das für mich konkret!?“
Nicht nur die Wahl der richtigen Aktie ist von Bedeutung, vor allem der korrekte Einstieg ist von immenser Bedeutung. Falls man bereits die maximale Positionsgröße bei einem Titel erreicht hat, sollten Nachkäufe nicht mehr durchgeführt werden. Hier verleitet uns Zweckoptimismus in der Regel nur dazu, schlechtem Geld zusätzlich noch Gutes hinterherzuwerfen. Ob man den Schlamassel aussitzt oder Verluste konsequent begrenzt, hängt von der Strategie ab. Da sowohl auch Value-Strategen wie Buffett oder mit Stop-Loss agierende Wachstums-Trader wie Minervini Erfolge vorweisen können, zeigt, dass es hier kein ‚Richtig‘ oder ‚Falsch‘ gibt. Vielmehr geht es darum, sich für eine Strategie zu entscheiden, bzw. genau zu wissen, welche Regeln bei welcher Strategie angewandt werden sollten.
Herzlichst
Ihr Christof von Wenzl